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Herausforderung Fernunterricht

Am Montag 16. März 2020 um 14:00 Uhr startete an der STFW die erste Lektion im Fernunterricht. Die ungewohnte Unterrichtsform sorgte besonders in den Anfangszeiten für so manche Herausforderung. Drei Fachlehrer der Baby-Bommer-Generation erzählen von ihren Erfahrungen und wie sie die Herausforderung Fernunterricht gemeistert haben.

 

Das Filmstudio 95 - Markus Henzi

Wie transferiert man die Erkenntnisse des Praxisunterrichts bestmöglich in den Fernunterricht? Dieser Frage widmete sich der heute 64-jährige Markus Henzi im März 2020. Während seine Kollegen erste Erfahrungen im Fernunterricht sammelten, bereitete er sich penibel auf die neue Unterrichtsform vor. Acht Stunden Frontalunterricht wollte er seinen Studierenden einfachen nicht zumuten.
Seine Idee: Mit einer beweglichen Spezialkamera die Praxis-Modelle der STFW in das Zuhause der Studierenden transferieren. Mit diesem Einfall und einem langen Anforderungskatalog begann die Umsetzungsphase. In den Kollegen Stefan Krempel und Beat Geissbühler fand der Schnurbartträger schon bald weitere Treiber für sein Vorhaben. In wenigen Tagen wurde so aus dem Schulzimmer M228 das «Filmstudio 95». Ausgerüstet mit mehreren Bildschirmen, einer 4K-Kamera und wenig Berührungsängsten ging das Team am Montag, 30. März 2020 das erste Mal auf Sendung. 
Die gesammelten Erfahrungen während den folgenden Wochen trug zu einer stetigen Verbesserung der Unterrichtsqualität und der Infrastruktur bei. Eine mögliche Weiterentwicklung des «Filmstudios» zu einem Hybrid-Unterrichtsraum wurde bereits angedacht. Dies könnte zukünftigen Studierenden die Möglichkeit geben, entweder von zuhause aus oder vor Ort an den Lektionen teilzunehmen. Zukünftig dürfte die Phrase «OK Boomer» zumindest an der der Schlosstalstrasse 95 weniger genutzt werden.


Der Vorzeige-Digital-Immigrant - Daniel Erni

Als «Digital Immigrants» bezeichnet man diejenigen Generationen, welche nicht im digitalen Zeitalter aufgewachsen sind. Der Fachlehrer Daniel Erni zählt mit Jahrgang 1959 faktisch zu dieser Gruppe. Er gehörte jedoch auch zu den ersten Nutzern der Microsoft-Office-Anwendungen. Diese feierten im August 1989 mit den Programmen Word, Excel und PowerPoint ihren Markteintritt. Das Tabellenkalkulationsprogramm Excel nutzte der damals 30-jährige bereits in den 90er-Jahren für komplexe Berechnungen in der Gebäudetechnik. 
Daniel Erni, bei dem mittlerweile das eine oder andere graue Haar hinzugekommen ist, wird seiner Vorreiter-Rolle auch rund 30 Jahre später noch gerecht. Im Jahr 2019 startete er einen Vorstoss für ein Initialprojekt zum Thema Fernunterricht im üK-Bereich. Mit dem Office-Programm «OneNote» und dem kostenlosen Zusatzmodul «Kursnotizbuch» fand er bereits damals eine passende Anwendung für sein Unterfangen. Diese Software ermöglichte ihm unter anderem eine gegliederte und effiziente Gestaltung der Lektionen via Computer. 
Die Erfahrungen des Initialprojektes sorgten dafür, dass ihm die Umstellung auf Fernunterricht vor keine grösseren Probleme stellte. Vielmehr war er es, der seine gut 40 Jahre jüngeren Schülerinnen und Schüler bei Problemen unterstützten durfte. Sei es mit selbstgemachten Anleitungsvideos oder durch fachmännische Hilfestellung, wenn ein Programm wieder einmal nicht so funktionieren wollte, wie es eigentlich sollte.

 

Das Trial-and-Error-Experiment - David Keller

Der in den 60er-Jahren geborene David Keller gilt in der Schweizer Elektrobranche als lebendes Norm-Nachschlagewerk. Kaum einer hat sich in den letzten Jahren so vertieft mit der Schweizerischen Niederspannungs-Installations-Norm auseinandergesetzt wie der gebürtige Stadtzürcher. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass sich in seinen Lektionen vieles um dieses kopflastige Thema dreht. Als einer der ersten Fachlehrer der STFW startete er zusammen mit seinen Klassen Mitte März in das Abenteuer Fernunterricht. Die grosse Herausforderung für ihn war es, ein ohnehin schon komplexes Thema, ohne Vorlaufzeit via Bildschirm zu vermitteln. 
Die Herausforderung nahm er mit einem Trial-and-Error-Experiment in Angriff. Trial-and-Error bedeutet frei ins Deutsche übersetzt so viel wie «Versuch und Irrtum». Anders wie der Name zuerst vermuten lässt, geht es bei diesem Vorgang nicht um sinnloses Probieren und Scheitern. Vielmehr experimentiert man mit unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten, bis die gewünschte Lösung gefunden wird. Dabei nimmt man bewusst auch die Möglichkeit von Fehlschlägen in Kauf. 
Wer David Keller kennt, weiss, dass die Methodik eher im Wiederspruch mit seiner eigentlichen Unterrichtsgestaltung steht. Trotzdem konnte er genau durch dieses atypische Vorgehen, grossartige Fortschritte bei der Unterrichtsqualität erzielen. Das Experiment Trial-and-Error ist noch lange nicht abgeschlossen. Durch seine Kolleginnen und Kollegen gelangt er immer wieder an neue Lösungen, welche er ausprobieren könnte. Manchmal muss man halt einfach über seinen Schatten springen, um weiterzukommen.